Nachbarrechtsgesetz Berlin

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Berliner Nachbarrechtsgesetz


Berliner Nachbarrechtsgesetz
(NachbG Bln)

Vom 28. September 1973*

Inhaltsübersicht

Erster Abschnitt
Allgemeine Vorschriften
§ 1 Nachbar, Erbbauberechtigter
§ 2 Anwendungsbereich
§ 3 Verjährung

Zweiter Abschnitt
Nachbarwand
§ 4 Begriff der Nachbarwand
§ 5 Errichten und Beschaffenheit der Nachbarwand
§ 6 Anbau an die Nachbarwand
§ 7 Anzeige des Anbaus
§ 8 Vergütung im Fall des Anbaus
§ 9 Abriß eines der Bauwerke
§ 10 Nichtbenutzen der Nachbarwand
§ 11 Beseitigen der Nachbarwand
§ 12 Erhöhen und Verstärken der Nachbarwand
§ 13 Schadensersatz bei Erhöhung und Verstärkung

Dritter Abschnitt
Grenzwand
§ 14 Begriff
§ 15 Errichten einer Grenzwand
§ 16 Errichten einer zweiten Grenzwand

Vierter Abschnitt
Hammerschlags- und Leiterrecht
§ 17 Inhalt und Umfang
§ 18 Nutzungsentschädigung

Fünfter Abschnitt
Höherführen von Schornsteinen, Lüftungsleitungen und Antennenanlagen
§19

Sechster Abschnitt
Bodenerhöhungen
§20

Datum: GVBl. S. 1654




Siebenter Abschnitt
Einfriedung
§ 21 Einfriedungspflicht
§ 22 Ausnahmen von der Einfriedungspflicht
§ 23 Beschaffenheit
§ 24 Standort
§ 25 Kosten der Errichtung
§ 26 Benutzung und Kosten der Unterhaltung

Achter Abschnitt
Grenzabstände für Pflanzen
§ 27 Grenzabstände für Bäume und Sträucher
§ 28 Grenzabstände für Hecken
§ 29 Ausnahmen von den Abstandsvorschriften
§ 30 Berechnung des Abstandes
§ 31 Beseitigungsanspruch
§ 32 Ausschluß des Beseitigungsanspruchs
§ 33 Ersatzanpflanzungen
§ 34 Nachträgliche Grenzänderungen
§ 35 Wild wachsende Pflanzen

Neunter Abschnitt
Übergangs- und Schlußvorschriften
§ 36 Übergangsvorschriften
§ 37 Außerkrafttreten von Vorschriften
§ 38 Inkrafttreten

ERSTER ABSCHNITT

Allgemeine Vorschriften

§ 1
Nachbar, Erbbauberechtigter



(1) Nachbar im Sinne dieses Gesetzes ist der Eigentümer des an ein Grundstück
angrenzenden Grundstücks.
(2) Im Falle der Belastung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht tritt der
Erbbauberechtigte an die Stelle des Grundstückseigentümers.
§ 2
Anwendungsbereich

(1) Die §§ 4 bis 35 gelten nur, soweit die Beteiligten keine von diesen
Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen treffen und zwingende öffentlich-
rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
(2) Die in diesem Gesetz vorgesehene Schriftform ist nicht abdingbar.





§ 3
Verjährung

(1) Ansprüche auf Schadensersatz nach diesem Gesetz verjähren in drei Jahren
von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der
Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis
in dreißig Jahren von der Vornahme der Handlung an.
(2) Andere auf Zahlung von Geld gerichtete Ansprüche nach diesem Gesetz
verjähren in drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluß des Jahres, in
welchem der Anspruch fällig wird.
ZWEITER ABSCHNITT

Nachbarwand

§ 4

Begriff der Nachbarwand

Nachbarwand ist die auf der Grenze zweier Grundstücke errichtete Wand,
die den auf diesen Grundstücken errichteten oder zu errichtenden Bauwerken
als Abschlußwand oder zur Unterstützung oder Aussteifung zu dienen
bestimmt ist.

§ 5

Errichten und Beschaffenheit der Nachbarwand

(1) Eine Nachbarwand darf nur errichtet werden, wenn es die beiden Nachbarn
schriftlich vereinbart haben.
(2) Die Nachbarwand ist in einer solchen Bauart und Bemessung auszuführen,
daß sie den Bauvorhaben beider Nachbarn genügt. Der Erbauer braucht die
Wand nur für einen Anbau herzurichten, der an sie keine höheren Anforderungen
stellt als sein eigenes Bauvorhaben.
(3) Erfordert keines der beiden Bauvorhaben eine dickere Wand als das
andere, so darf die Nachbarwand höchstens mit der Hälfte ihrer notwendigen
Dicke auf dem Nachbargrundstück errichtet werden. Erfordert ein Bauvorhaben
eine dickere Wand, so ist die Wand zu einem entsprechend größeren Teil
auf diesem Grundstück zu errichten.
§ 6
Anbau an die Nachbarwand



(1) Der Nachbar ist berechtigt, an die Nachbarwand anzubauen. Anbau ist
die Mitbenutzung der Wand als Abschlußwand oder zur Unterstützung oder
Aussteifung des neuen Bauwerks.
(2) Setzt der Anbau eine tiefere Gründung der Nachbarwand voraus, so darf
die Nachbarwand unterfangen oder der Boden im Bereich der Gründung der
Nachbarwand verfestigt werden, wenn
1. es nach den allgemein anerkannten Regeln der Baukunst unumgänglich ist
oder nur mit unzumutbar hohen Kosten vermieden werden könnte,
2. nur geringfügige Beeinträchtigungen des zuerst errichteten Bauwerks zu
besorgen sind,
3. das Bauvorhaben öffentlich-rechtlich zulässig ist.





§ 7
Anzeige des Anbaus



(1) Die Einzelheiten des geplanten Anbaus sind dem Eigentümer und dem
ein seinem Besitz berührten unmittelbaren Besitzer des zuerst bebauten Grundstücks
zwei Monate vor Beginn der Bauarbeiten schriftlich anzuzeigen. Mit
den Arbeiten darf erst nach Fristablauf begonnen werden.
(2) Die Anzeige an den unmittelbaren Besitzer des Grundstücks genügt,
wenn die Person oder der Aufenthalt des Grundstückseigentümers nicht oder
nur unter erheblichen Schwierigkeiten feststellbar ist oder die Anzeige an ihn
im Ausland erfolgen müßte.
§ 8

Vergütung im Fall des Anbaus

(1) Der anbauende Nachbar hat dem Eigentümer des zuerst bebauten Grundstücks
den halben Wert der Nachbarwand zu vergüten, soweit sie durch den
Anbau genutzt wird.
(2) Die Vergütung ermäßigt sich angemessen, wenn die besondere Bauart
oder Bemessung der Nachbarwand nicht erforderlich oder nur für das zuerst
errichtete Bauwerk erforderlich war. Sie erhöht sich angemessen, wenn die
besondere Bauart oder Bemessung der Nachbarwand nur für das später errichtete
Bauwerk erforderlich war.
(3) Steht die Nachbarwand mehr auf dem Nachbargrundstück, als in §5 vorgesehen
oder davon abweichend vereinbart ist, so ermäßigt sich die Vergütung
um den Wert des zusätzlich überbauten Bodens, wenn nicht die in § 912 Abs. 2
oder § 915 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmten Rechte ausgeübt werden.
Steht die Nachbarwand weniger auf dem Nachbargrundstück, als in § 5
vorgesehen oder davon abweichend vereinbart ist, so erhöht sich die Vergütung
um den Wert des Bodens, den die Nachbarwand anderenfalls auf dem Nachbargrundstück
zusätzlich benötigt hätte.
(4) Die Vergütung wird mit der Fertigstellung des Anbaus im Rohbau fällig.
Bei der Berechnung des Wertes der Nachbarwand ist von den zu diesem Zeitpunkt
üblichen Baukosten auszugehen. Das Alter sowie der bauliche Zustand
der Nachbarwand sind zu berücksichtigen. Auf Verlangen ist Sicherheit in
Höhe der voraussichtlichen Vergütung zu leisten; der Anbau darf dann erst nach
Leistung der Sicherheit begonnen oder festgesetzt werden.
§ 9

Abriß eines der Bauwerke

Wird nach erfolgtem Anbau eines der beiden Bauwerke abgerissen und nicht
neu errichtet, so hat der Eigentümer des Grundstücks, auf dem das abgerissene
Bauwerk stand, die durch den Abriß an der Nachbarwand entstandenen Schäden
zu beseitigen und die Außenfläche des bisher gemeinsam genutzten Teils
der Nachbarwand in einen für eine Außenwand geeigneten Zustand zu versetzen.



§ 10

Nichtbenutzen der Nachbarwand

(1) Wird das spätere Bauwerk nicht an die Nachbarwand angebaut, obwohl
das möglich wäre, so hat der anbauberechtigte Nachbar für die durch die
Errichtung der Nachbarwand entstandenen Mehraufwendungen gegen





über den Kosten der Herstellung einer Grenzwand Ersatz zu leisten. Hat die
Nachbarwand von dem Grundstück des zuerst Bauenden weniger Baugrund
benötigt als eine Grenzwand, so ermäßigt sich der Ersatzanspruch um den Wert
des eingesparten Baugrundes. Höchstens ist der Betrag zu erstatten, den der
Eigentümer des Nachbargrundstücks im Falle des Anbaus zu zahlen hätte. Der
Anspruch wird mit der Fertigstellung des späteren Bauwerks im Rohbau fällig.

(2) Der anbauberechtigte Nachbar ist verpflichtet, die Fuge zwischen der
Nachbarwand und seinem an die Nachbarwand herangebauten Bauwerk auf
seine Kosten auszufüllen und zu verschließen.
§ 11
Beseitigen der Nachbarwand



(1) Solange und soweit noch nicht angebaut worden ist, darf der Eigentümer
des zuerst bebauten Grundstücks die Nachbarwand beseitigen, wenn der anbauberechtigte
Nachbar der Beseitigung nicht widerspricht.
(2) Die Absicht, die Nachbarwand zu beseitigen, ist anzuzeigen; §7 gilt entsprechend.
(3) Der Widerspruch des anbauberechtigten Nachbarn muß binnen zwei
Monaten nach Zugang der Anzeige schriftlich erhoben werden. Der Widerspruch
ist unbeachtlich, wenn
1. der anbauberechtigtee Nachbar nicht innerhalb von sechs Monaten nach
Empfang der Anzeige einen Antrag auf Genehmigung eines Anbaus bei
der Baugenehmigungsbehörde einreicht oder
2. die Ablehnung einer beantragten Baugenehmigung nicht mehr angefochten
werden kann oder
3. von einer Baugenehmigung nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung
Gebrauch gemacht wird.
(4) Macht der Eigentümer des zuerst bebauten Grundstücks von seinem
Recht zur Beseitigung Gebrauch, so hat er dem Nachbarn für die Dauer der
Nutzung des Nachbargrundstücks durch die Nachbarwand eine angemessene
Vergütung zu leisten. Beseitigt der Eigentümer des zuerst bebauten Grundstücks
die Nachbarwand ganz oder teilweise, ohne hierzu nach den Absätzen 1
bis 3 berechtigt zu sein, so hat er dem Nachbarn Ersatz für den durch die völlige
oder teilweise Beseitigung der Anbaumöglichkeit zugefügten Schaden zu leisten;
der Anspruch wird mit der Fertigstellung des späteren Bauwerks im Rohbau
fällig.
§ 12
Erhöhen und Verstärken der Nachbarwand



(1) Jeder Grundstückseigentümer darf die Nachbarwand in voller Dicke auf
seine Kosten erhöhen, wenn dadurch keine oder nur geringfügige Beeinträchtigungen
des anderen Grundstücks zu erwarten sind. Dabei darf der Höherbauende
auf das Nachbardach einschließlich des Dachtragewerkes einwirken,
soweit dies erforderlich ist; er hat auf seine Kosten das Nachbardach mit der
erhöhten Wand ordnungsgemäß zu verbinden. Für den erhöhten Teil der Nachbarwand
gelten § 6 Abs. 1, §§ 7, 8, 9, 10 Abs. 2, § 11 Abs. 1 bis 3 und 4 Satz 2
entsprechend.





(2) Jeder Grundstückseigentümer darf die Nachbarwand auf seinem Grundstück
auf seine Kosten verstärken.
(3) Setzen die Erhöhung oder die Verstärkung der Nachbarwand eine tiefere
Gründung der Nachbarwand voraus, so gilt § 6 Abs. 2 entsprechend.
(4) Die Absicht, die Rechte nach den Absätzen 1 bis 3 auszuüben, ist anzuzeigen;
§ 7 gilt entsprechend.
§ 13

Schadensersatz bei Erhöhung und Verstärkung

Schaden, der in Ausübung der Rechte nach § 6 Abs. 2 oder §12 dem Eigentümer
oder dem Nutzungsberechtigten des anderen Grundstücks entsteht, ist
auch ohne Verschulden zu ersetzen. Auf Verlangen ist Sicherheit in Höhe des
voraussichtlichen Schadens zu leisten; das Recht darf dann erst nach Leistung
der Sicherheit ausgeübt werden.

DRITTER ABSCHNITT

Grenzwand

§ 14
Begriff
Grenzwand ist die unmittelbar an der Grenze zum Nachbargrundstück auf
dem Grundstück des Erbauers errichtete Wand.

§ 15
Errichten einer Grenzwand



(1) Der Grundstückseigentümer, auf dessen Grundstück eine Grenzwand
errichtet werden soll, hat dem Nachbarn die Bauart und Bemessung der beabsichtigten
Wand zwei Monate vor Baubeginn schriftlich anzuzeigen; § 7 Abs. 2
gilt entsprechend.
(2) Der Nachbar kann innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Anzeige
verlangen, die Grenzwand so zu gründen, daß bei der späteren Durchführung
seines Bauvorhabens zusätzliche Baumaßnahmen vermieden werden. Wird die
Anzeige schuldhaft verspätet abgegeben oder unterlassen, so hat der Eigentümer
des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks dem Nachbarn den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen.
(3) Die durch das Verlangen nach Absatz 2 Satz 1 entstehenden Mehrkosten
sind zu erstatten. In Höhe der voraussichtlich erwachsenden Mehrkosten ist auf
Verlangen des Erbauers der Grenzwand innerhalb eines Monats Vorschuß zu
leisten. Der Anspruch auf die besondere Gründung erlischt, wenn der Vorschuß
nicht fristgerecht geleistet wird.
(4) Soweit der Erbauer der Grenzwand die besondere Gründung auch zum
Vorteil seines Bauwerks nutzt, beschränkt sich die Erstattungspflicht des Nachbarn
auf den angemessenen Kostenanteil; darüber hinaus gezahlte Kosten können
zurückgefordert werden.





§ 16
Errichten einer zweiten Grenzwand



(1) Wer eine Grenzwand neben einer schon vorhandenen Grenzwand errichtet,
ist verpflichtet, die Fuge zwischen den Grenzwänden auf seine Kosten auszufüllen
und zu verschließen.
(2) Der Erbauer der zweiten Grenzwand ist berechtigt, auf eigene Kosten
durch übergreifende Abdeckungen einen Anschluß herzustellen; er hat den
Anschluß auf seine Kosten zu unterhalten.
(3) Ist es zur Ausführung des Bauvorhabens erforderlich, die zweite Grenz-
wand tiefer als die zuerst errichtete Grenzwand zu gründen, so gilt § 6 Abs. 2
entsprechend.
(4) Die Absicht, die Rechte nach den Absätzen 2 und 3 auszuüben, ist anzuzeigen;
§7 gilt entsprechend. Für die Verpflichtung zum Schadensersatz gilt
§13 entsprechend.
VIERTER ABSCHNITT

Hammerschlags- und Leiterrecht

§ 17

Inhalt und Umfang

(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks müssen
dulden, daß ihr Grundstück einschließlich der Bauwerke von dem Nachbarn
zur Vorbereitung und Durchführung von Bau-, Instandsetzungs-und Unterhaltungsarbeiten
auf dem Nachbargrundstück vorübergehend betreten und benutzt
wird, wenn und soweit
1. die Arbeiten anders nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten
durchgeführt werden können,
2. die mit der Duldung verbundenen Nachteile oder Belästigungen nicht
außer Verhältnis zu dem von dem Berechtigten erstrebten Vorteil stehen,
3. das Vorhaben öffentlich-rechtlich zulässig ist.
(2) Das Recht zur Benutzung umfaßt die Befugnis, auf oder über dem Grundstück
Gerüste und Geräte aufzustellen sowie die zu den Arbeiten erforderlichen
Baustoffe über das Grundstück zu bringen.
(3) Das Recht ist so zügig und schonend wie möglich auszuüben. Es darf
nicht zur Unzeit geltend gemacht werden.
(4) Die Absicht, die Rechte nach den Absätzen 1 und 2 auszuüben, ist anzuzeigen;
§7 gilt entsprechend. Für die Verpflichtung zum Schadensersatz gilt
§13 entsprechend.
(5) Absatz 1 findet auf die Eigentümer öffentlicher Verkehrsflächen keine
Anwendung.
§ 18
Nutzungsentschädigung

(1) Wer ein Grundstück gemäß §17 benutzt, hat für die Zeit der Benutzung
eine Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Miete für die benutzten



Bauwerksteile oder für einen dem benutzten unbebauten Grundstücksteil vergleichbaren
Lagerplatz zu zahlen. Eine Benutzung unbebauter Grundstücksteile
bis zur Dauer von zwei Wochen bleibt außer Betracht. Die Nutzungsentschädigung
ist jeweils zum Ende eines Kalendermonats fällig.

(2) Nutzungsentschädigung kann nicht verlangt werden, soweit nach §17
Abs. 4 Ersatz für entgangene anderweitige Nutzung gefordert wird.
FÜNFTER ABSCHNITT

Höherführen von Schornsteinen, Lüftungsleitungen
und Antennenanlagen

§ 19

(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks müssen
dulden, daß der Nachbar an ihrem höheren Gebäude Schornsteine, Lüftungsleitungen
und Antennenanlagen seines angrenzenden niedrigeren Gebäudes befestigt,
wenn
1. die Höherführung der Schornsteine und Lüftungsleitungen für deren
Betriebsfähigkeit und die Höherführung der Antennenanlage für einen
einwandfreien Empfang von Sendungen erforderlich ist,
2. Schornsteine, Lüftungsleitungen und Antennenanlagen anders nur mit
erheblichen technischen Nachteilen oder mit unverhältnismäßig hohen
Kosten höhergeführt werden können,
3. das betroffene Grundstück nicht erheblich beeinträchtigt wird,
4. die Erhöhung und Befestigung öffentlich-rechtlich zulässig ist.
(2) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte des betroffenen Grundstücks
müssen ferner dulden, daß
1. die höhergeführten Schornsteine, Lüftungsleitungen und Antennenanlagen
von ihrem Grundstück aus unterhalten werden, wenn dies ohne Benutzung
ihres Grundstücks nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen
Kosten möglich ist,
2. die hierzu erforderlichen Anlagen auf diesem Grundstück angebracht werden;
sie können den Berechtigten statt dessen darauf verweisen, an dem
höheren Gebäude auf eigene Kosten außen eine Steigleiter anzubringen,
wenn dadurch die Unterhaltungsarbeiten ermöglicht werden.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Antennenanlagen nicht, wenn dem Eigentümer
des niedrigeren Gebäudes die Mitbenutzung der dazu geeigneten Antennenanlage
des höheren Gebäudes gestattet wird.
(4) Die Absicht, die Rechte nach den Absätzen 1 und 2 auszuüben, ist anzuzeigen;
§7 gilt entsprechend. Keiner vorherigen Anzeige bedürfen kleinere
Arbeiten zur Unterhaltung der Anlage; zur Unzeit brauchen sie nicht geduldet
zu werden.
(5) Für die Verpflichtung zum Schadensersatz gilt § 13 entsprechend.





SECHSTER ABSCHNITT

Bodenerhöhungen

§ 20

Der Boden eines Grundstücks darf nicht über die Oberfläche des Nachbargrundstücks
erhöht werden, es sei denn, es wird ein solcher Abstand zur Grundstücksgrenze
eingehalten oder es werden solche Vorkehrungen getroffen und
unterhalten, daß eine Schädigung des Nachbargrundstücks insbesondere durch
Absturz, Abschwemmung oder Pressung des Bodens ausgeschlossen ist.

SIEBENTER ABSCHNITT

Einfriedung

§ 21
Einfriedungspflicht
Jeder Grundstückseigentümer kann von dem Nachbarn die Einfriedung nach
folgenden Regeln verlangen:

1. Wenn Grundstücke unmittelbar nebeneinander an derselben Straße liegen,
so hat jeder Grundstückseigentümer an der Grenze zum rechten Nachbargrundstück
einzufrieden.
2. a) Rechtes Nachbargrundstück ist dasjenige, das
von der Straße aus
betrachtet rechts liegt.
b) Liegt ein Grundstück zwischen zwei Straßen, so ist dasjenige Grundstück
rechtes Nachbargrundstück, welches von derjenigen Straße aus
betrachtet rechts liegt, an der sich der Haupteingang des Grundstücks
befindet. Ist ein Haupteingang nicht feststellbar, so hat der Grundstückseigentümer
auf Verlangen des Nachbarn zu bestimmen, welche
Straße als diejenige Straße gelten soll, an der sich der Haupteingang
befindet; § 264 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt entsprechend.
Durch Verlegung des Haupteinganges wird die Einfriedungspflicht
ohne Zustimmung des Eigentümers des angrenzenden Grundstücks
nicht verändert.

c) Für Eckgrundstücke gilt Buchstabe a ohne Rücksicht auf die Lage des
Haupteinganges.

3. Als Straßen gelten auch Wege, wenn solche an Stelle von Straßen für die
Lage von Grundstücken maßgeblich sind.
4. Wenn an einer Grenze beide Nachbarn einzufrieden haben, so haben sie
gemeinsam einzufrieden.
5. An Grenzen, für die durch Nummer 1 keine Einfriedungspflicht begründet
wird, insbesondere an beiderseits rückwärtigen Grenzen, ist gemeinsam
einzufrieden.
§ 22

Ausnahmen von der Einfriedungspflicht

(1) Eine Einfriedungspflicht besteht nicht, wenn und soweit die Grenze mit
Gebäuden besetzt ist oder Einfriedungen nicht ortsüblich sind.





(2) Eine Einfriedungspflicht besteht ferner nicht für Grenzen zwischen
Grundstücken und den an sie angrenzenden Flächen für die Land-und Forstwirtschaft,
öffentlichen Verkehrsflächen, öffentlichen Grünflächen und Gewässern.
§ 23

Beschaffenheit

(1) Es kann nur die Errichtung einer ortsüblichen Einfriedung oder, wenn
keine Ortsüblichkeit feststellbar ist, eines etwa 1,25 m hohen Zaunes aus
Maschendraht verlangt werden. Können Nachbarn, die gemeinsam einzufrieden
haben, sich nicht auf eine unter mehreren ortsüblichen Einfriedungen einigen,
so ist ein Zaun der in Satz 1 bezeichneten Art zu errichten.
(2) Schreiben öffentlich-rechtliche Vorschriften eine andere Art der Einfriedung
vor, so tritt diese an die Stelle der in Absatz 1 genannten Einfriedungsart.
(3) Bietet die Einfriedung gemäß Absatz 1 keinen angemessenen Schutz vor
unzumutbaren Beeinträchtigungen, so hat auf Verlangen des Nachbarn derjenige,
von dessen Grundstück die Beeinträchtigungen ausgehen, die Einfriedung
im erforderlichen Umfang zu verstärken oder höher auszuführen.
§ 24

Standort

Wer zur Einfriedung allein verpflichtet ist, hat die Einfriedung auf seinem
Grundstück zu errichten. Haben Nachbarn gemeinsam einzufrieden, so ist die
Einfriedung auf der gemeinsamen Grenze zu errichten.

§ 25
Kosten der Errichtung



(1) Wer zur Einfriedung allein verpflichtet ist, hat die Kosten der Einfriedung
zu tragen.
(2) Haben Nachbarn gemeinsam einzufrieden, so tragen sie die Kosten der
Errichtung der Einfriedung je zur Hälfte. Ist bei gemeinsamer Einfriedung nur
für eines der beiden Grundstücke eine Einfriedung nach § 23 Abs. 2 vorgeschrieben,
so sind die Errichtungskosten einer Einfriedung nach § 23 Abs. 1
maßgebend; die Mehrkosten trägt der gemäß § 23 Abs. 2 verpflichtete Grundstückseigentümer.
Die bei einer Einfriedung nach § 23 Abs. 3 gegenüber einer
Einfriedung nach § 23 Abs. 1 oder 2 entstehenden Mehrkosten der Errichtung
trägt der Nachbar, von dessen Grundstück die Beeinträchtigungen ausgehen.
§ 26
Benutzung und Kosten der Unterhaltung



(1) Wer zur Einfriedung allein verpflichtet ist, ist zur ausschließlichen Benutzung
der Einfriedung berechtigt und hat die Kosten der Unterhaltung der Einfriedung
zu tragen.
(2) Haben Nachbarn gemeinsam einzufrieden, so gilt für die gemeinsame
Benutzung und Unterhaltung der Einfriedung auch dann die Regelung des
§ 922 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wenn die Einfriedung ganz auf einem
der Grundstücke errichtet ist.





ACHTER ABSCHNITT

Grenzabstände für Pflanzen

§ 27

Grenzabstände für Bäume und Sträucher

Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks haben mit
Bäumen und Sträuchern folgende Mindestabstände von den Nachbargrundstücken
einzuhalten:

1. mit Bäumen, und zwar
a) mit stark wachsenden Bäumen, insbesondere der Rotbuche,
der Linde, der Platane, der Roßkastanie, der Stieleiche, der
Pappel, der Weißbirke, der Douglasfichte und dem Walnußbaum.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,00 m,

b) mit Bäumen, die nicht unter Buchstabe a oder c fallen . . . . . 1,50 m,
c)mit nicht hochstämmigen Obstbäumen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,00 m,

2.mit Sträuchern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,50 m.
§ 28
Grenzabstände für Hecken



(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks haben
mit Hecken von den Nachbargrundstücken folgende Mindestabstände einzuhalten:
1.mit Hecken über 2 m Höhe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,00 m,
2.mit Hecken bis zu 2 m Höhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,50 m.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Hecken, die nach § 24 Satz 2 auf der Grenze
gepflanzt werden.
§ 29
Ausnahmen von den Abstandsvorschriften
Die §§ 27 und 28 gelten nicht für



1. Anpflanzungen an den Grenzen zu Flächen für die Land-und Forstwirtschaft,
zu öffentlichen Verkehrsflächen, zu öffentlichen Grünflächen und
zu Gewässern,
2. Anpflanzungen auf öffentlichen Verkehrsflächen,
3. Anpflanzungen, die hinter einer geschlossenen Einfriedung vorgenommen
werden und diese nicht überragen; als geschlossen gilt auch eine Einfriedung,
deren Bauteile breiter sind als die Zwischenräume,
4. Wald.
§ 30

Berechnung des Abstandes

Der Abstand wird von der Mitte des Baumstammes, des Strauches oder der
Hecke bis zur Grenzlinie gemessen, und zwar an der Stelle, an der die Pflanze
aus dem Boden tritt. Bei Hecken, die aus mehreren Pflanzenreihen bestehen,
wird der Abstand von der Mitte der Reihe gemessen, die der Grenze am nächsten
steht.






§ 31

Beseitigungsanspruch

Wird der vorgeschriebene Mindestabstand nicht eingehalten, so kann der
Nachbar die Beseitigung der Anpflanzung verlangen. Der Eigentümer und der
Nutzungsberechtigte des Grundstücks sind befugt, stattdessen die Anpflanzung
auf ihrem Grundstück zurückzuschneiden, sofern auch auf diese Weise ein den
Vorschriften dieses Gesetzes entsprechender Zustand hergestellt werden kann.

§ 32

Ausschluß des Beseitigungsanspruchs

Der Anspruch nach diesem Gesetz auf Beseitigung von Anpflanzungen, die
die vorgeschriebenen Mindestabstände nicht einhalten, ist ausgeschlossen,
wenn der Nachbar nicht bis zum Ablauf des fünften auf das Anpflanzen
folgenden Kalenderjahres Klage auf Beseitigung erhoben hat. Für Hecken, die
beim Anpflanzen den vorgeschriebenen Abstand einhalten, beginnt die Frist,
wenn sie über die nach diesem Gesetz zulässige Höhe hinausgewachsen sind.

§ 33

Ersatzanpflanzungen

Werden für Anpflanzungen, bei denen der Beseitigungsanspruch nach §32
ausgeschlossen ist, Ersatzanpflanzungen vorgenommen, so gelten für die
Ersatzanpflanzungen die §§ 27 bis 32. Dies gilt nicht für die Ersetzung einzelner
abgestorbener Heckenpflanzen einer geschlossenen Hecke.

§ 34

Nachträgliche Grenzänderungen

Die Rechtmäßigkeit des Abstandes einer Anpflanzung wird durch nachträgliche
Grenzänderungen nicht berührt; § 33 gilt entsprechend.

§ 35

Wild wachsende Pflanzen

Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für wild wachsende Pflanzen entsprechend.
Als Anpflanzen im Sinne des § 32 Satz 1 gilt die Erklärung des
Grundstückseigentümers gegenüber dem Nachbarn, daß er die wild wachsende
Pflanze nicht beseitigen wolle.






NEUNTER ABSCHNITT

Übergangs- und Schlußvorschriften

§ 36

Übergangsvorschriften

(1) Der Umfang von Rechten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen,
richtet sich unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 2 nach diesem Gesetz.
(2) Der Anspruch auf Beseitigung von Pflanzen, die bei Inkrafttreten des
Gesetzes vorhanden sind und deren Grenzabstände den Vorschriften dieses
Gesetzes nicht entsprechen, ist ausgeschlossen, wenn
1. der Nachbar nicht innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes
Klage auf Beseitigung erhoben hat oder
2. die Pflanzen dem bisherigen Recht entsprechen.
§ 33 gilt entsprechend.
(3) Ansprüche auf Zahlung auf Grund dieses Gesetzes bestehen nur, wenn
das den Anspruch begründende Ereignis nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetreten
ist; anderenfalls behält es bei dem bisherigen Recht sein Bewenden.
§ 37*

Außerkrafttreten von Vorschriften

Das diesem Gesetz entgegenstehende oder gleichlautende Recht wird aufgehoben.
...

§ 38

Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1974 in Kraft.



§ 37 Satz 2: Aufhebungsvorschrift







 

 

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